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Mobbing am Arbeitsplatz – was kann ich tun?
Wer sich bei der Arbeit schikaniert fühlt oder sich möglicherweise als Gegenstand von Lästerei oder übler Nachrede wiederfindet, sollte schnell handeln und dies vor allem früh dokumentieren.
Mobbing kann viele Formen annehmen. Allgemein wird darunter das wiederholte, hauptsächlich seelische Schikanieren Einzelner durch eine Gruppe verstanden. Gekennzeichnet wird es durch wiederholtes ausgrenzendes Verhalten einer durch Macht überlegenen Person / durch Gruppengröße überlegene Personen gegenüber einem Einzelnen.
Was vor allem in der Schule ein häufiges Problem ist, zieht sich bei Manchen – Tätern wie Opfern – bis ins Arbeitsleben. In Zeiten steigender Krankschreibungen durch Burn-out oder durch andere seelische Erschöpfungen ist die Aufmerksamkeit für solche toxischen Beziehungen in Unternehmen zum Glück gewachsen. Aussprachen, betriebsinterne Mediationen und Psychosozialberatung mag es in einigen Fällen geben, in der Breiten Maße der Firmen sucht man danach aber vergebens.
Siehst Du dich jedoch einer Unternehmenskultur ausgesetzt, die nichts gegen Mobbing am Arbeitsplatz unternimmt, oder stammen die verletzenden Aussagen und Beleidigungen sogar von deinem Chef, müsst Du selbst aktiv werden.
Im Folgenden möchten wir Dir Wege aufzeigen, Mobbing zu erkennen, zu melden bzw. Dir Hilfe zu holen.
Eines im Voraus: Wenn Du dich in der Situation siehst, Mobbing ausgesetzt zu sein, solltest Du nie ohne Weiteres fliehen. Grundsätzlich stehen Dir viele Wege offen, die Situation zu verbessern, und wenn nicht als „Sieger“, dann zumindest nicht ohne angemessene Kompensation herauszukommen.
Vielleicht ebenso wichtig ist es, niemals wegzusehen, wenn Kollegen unter Mobbing leiden. Sollte der Kollege / die Kollegin gegen diese Missstände vorgehen wollen, gebietet es Anstand und Moral, dass Du zumindest zu Beweiszwecken hilfst.
Welche Formen kann das Mobbing am Arbeitsplatz annehmen?
Doch zunächst zum Erkennen des Problems an sich. Ob Du oder eine andere Person im Betrieb schikaniert wirst, ist teilweise gar nicht so leicht festzustellen. Im kompliziertesten Fall geschieht das subtil, manchmal sogar ganz unbewusst.
Die am weitesten verbreitete, ihrer Zielsetzung nach aber manchmal unbewussteste Art des Mobbings ist die Lästerei. Angefangen vom gemeinsamen Spekulieren über Affären und Krankheiten bis hin zum bewussten und bösartigen Verbreiten von rufschädigenden Lügen, ist es die in fast jedem Arbeitsumfeld am häufigsten angetroffene Art des Mobbings.
Eine andere Art des Mobbings ist das Anschweigen. Wenn in der Abteilung nicht mehr gegrüßt wird, Mails regelmäßig unbeantwortet bleiben und gefühlt keiner mit Dir in Kontakt tritt, könnte es sich um Mobbing handeln.
Aber ganz im Gegenteil kann auch Mobbing vorliegen, wenn die Kommunikation mit Ihnen gestört wird. Unterbricht man Dich stets? Kann es sein, dass auf deine Argumente nie sachlich geantwortet wird, vielmehr in Meetings andauernd persönliche Kritik an Dir geübt wird?
Sind denn alle gegen mich? – warum kommt es zu Mobbing?
Bevor wir zum Rechtlichen kommen, noch ein paar Worte zur Beruhigung. Höchstwahrscheinlich liegt kein geplantes Vorgehen deiner Abteilung gegen Dich vor. Ungesunde Gruppendynamik kann sich vielmehr ganz von selbst entwickeln. Vermutlich werden viele deiner Kollegen gar nicht bewusst wahrnehmen, dass sie Dir schaden. Vielleicht ist es auch ein Fehler in deiner Wahrnehmung. In jedem Fall lassen sich die allermeisten Fälle von tatsächlichem oder vermutetem Mobbing durch proaktive Ansprache beenden oder aufklären.
Dazu lohnt es sich, einzelne Kollegen abzupassen und in Ruhe auf die Vorfälle anzusprechen. Damit ist keinesfalls ein „Zur-Rede-Stellen“ gemeint – eher eine gute Idee wäre es, von den eigenen Empfindungen auszugehen. Anschuldigungen haben jedenfalls nicht den gewünschten Effekt, denn drängst Du dein Gegenüber in die Defensive, könnte sich schnell aus einer Verstimmung ein handfester Streit im Büro entwickeln.
Einfacher machst Du es dir sogar, wenn Du einen Dritten, deiner Meinung nach unbeteiligten Kollegen nach der Stimmung im Büro fragst. Auch hier lohnt es sich, nicht so zu wirken, als wolltest Du hinter dem Rücken über konkrete Kollegen lästern. Die Meinung eines außerhalb des Streits stehenden Dritten klärt auf jeden Fall, wie handfest oder „echt“ dein Problem ist.
Lohnt es sich, „von oben“ um Hilfe zu bitten?
Hat sich der Verdacht erhärtet, dass Du tatsächlich Opfer von gemeinsamem Mobbing bist, und hat auch der Chef nichts unternommen, so kannst Du deinen aus rechtlicher Sicht in die Pflicht nehmen.
Diese arbeitsrechtlichen Streitereien, bei denen es mitunter auch um viel Geld gehen kann, wenn zum Beispiel eine Aufgabe des Arbeitsplatzes gegen eine Abfindung ansteht, solltest Du aber auf keinen Fall ohne besonders qualifizierte Hilfe angehen.
Vor Gericht, auch in unterster Instanz, wirst Du stets durch einen erfahrenen (Fach-) Anwalt im Arbeitsrecht am besten beraten. Bring alle gesammelten Beweise bei ihm vor – er kann bereits vor Prozessbeginn klare Erfolgsaussichten skizzieren.
Was droht dem Arbeitgeber, wenn er Mobbing stattfinden lässt?
Zum einen hat der Arbeitgeber ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das es dem Mitarbeiter ermöglicht, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten sicher und unbeschadet nachzukommen. Ein Arbeitsplatz, an dem der Arbeitgeber Mobbing zulässt, erfüllt dieses Kriterium sicher nicht.
Zum anderen muss ein Arbeitgeber, um seinen Pflichten aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) nachzukommen, auch präventive Maßnahmen gegen Mobbing ergreifen. Dazu zählen zum Beispiel Trainings und Seminare, das Benennen von Mobbing- und Konfliktberatern oder das Erstellen von Verhaltensrichtlinien gegen Mobbing.
Dir persönlich ist der Arbeitgeber gem. § 818 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Schutz verpflichtet. Ein Verstoß dagegen kann grundsätzlich zu Schadensersatzforderungen führen.
Kann ich auch gegen den Angreifer vorgehen?
Die Antwort hier lautet klar: Ja. Es könnte jedoch tatsächlich schwerer werden, Ansprüche gegen den oder die Angreifer geltend zu machen als gegen den Arbeitgeber. Denn an sich ist Mobbing keine Straftat. Wenn aber dein Eigentum entwendet oder Du sogar Opfer von körperlichen Angriffen wirst, solltest Du unbedingt Strafanzeige erstatten. Dann kannst Du auch Schadensersatz fordern.
Am Ende: Wann kündige ich am besten?
Ist die Situation zu verfahren, das Umfeld zu toxisch, musst Du auch an andere Möglichkeiten denken. Wenn Du dich, wie empfohlen, in einem längeren Dialog mit dem Arbeitgeber befunden haben, ist es oftmals der Chef selbst, der einen Aufhebungsvertrag vorschlägt. Einerseits möchte der Arbeitgeber sich nicht Schadensersatzansprüchen deinerseits ausgesetzt sehen, andererseits muss auch er ab einem bestimmten Punkt teilweise eingestehen, dass es für ihn nicht mit normalem Aufwand möglich ist, die Situation zu verbessern.
Dein letzter Trumpf ist dann die Abfindung. Bei einem Aufhebungsvertrag, anders als bei einer Kündigung, wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beidseitig vereinbart. Das gibt Dir Verhandlungsspielraum. Nimm die Chance wahr, auch hier unter Hinzuziehung eines erfahrenen Spezialisten wie eines Anwalts, eine möglichst hohe Abfindungszahlung zu erreichen.
Allgemein wird eine Summe zwischen einem halben und einem ganzen Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit vereinbart.
Zum Schluss solltest Du dir merken: Die Möglichkeiten, die Du hast, sind viel zahlreicher, als es am Anfang erscheinen mag. Aber ohne ein besonnenes Vorgehen und den richtigen Rat kann das Vorgehen gegen ein schlechtes Umfeld wie eine unüberwindbare Hürde wirken. Kollegen, Freunde und Profis – wie Berater und Anwälte – sollten dich auf diesem Weg unterstützen.
Quelle: Daniel Goldmann ist Redakteur und Content Manager bei anwalt.de.